Ehrgeiz und Realismus statt Gier – Erfolgsvoraussetzungen nicht nur für Startups

Ehrgeiz und Realismus statt Gier – Erfolgsvoraussetzungen nicht nur für Startups

In einem auf der Fundraising Platform Leapfunder publizierten Interview habe ich die wichtigsten Lektionen aus jahrzehntelanger Beratungs- und Managementtätigkeit in Restrukturierungen und mit Startups zusammengefasst. Die drei wichtigsten – egal ob Startup oder etabliertes Unternehmen – sind aus meiner Erfahrung:

  1. „Seien Sie nicht gierig - seien Sie ehrgeizig, wenn es um Ihr Unternehmen geht, aber seien Sie auch realistisch, wenn es um die finanziellen Erwartungen geht
  2. Respektiere Offenheit und Fairness - Ehrlichkeit ist der beste Weg, um im Geschäft zu bestehen
  3. Bauen Sie ein Team auf - Ihr Unternehmen hängt sehr stark von der Art des Teams ab, das Sie aufbauen. Stellen Sie sicher, dass es ein gutes Team ist.“

Offensichtliche Selbstverständlichkeiten, sollte man meinen. Und dennoch ist immer wieder schon nach kurzem Einblick in ein zu beratendes Unternehmen zu beobachten, dass einer oder mehrere dieser Basis-Grundsätze verletzt werden. Immer wieder fällt der realistische Blick auf Opportunities und Risks einer Schönfärberei zum Opfer, erweisen sich z.B. Widerstände in der Unternehmensorganisation als unterschätzt oder die Geschwindigkeit der Marktpenetration eines neuen Produkts als zu optimistisch bewertet. Alternative Szenarien für das Bewältigen solcher Hemmnisse existieren oft nicht in finanziell bewerteter Form und alternativen Organisations- und Prozessmodellen.

Auch der regelmäßige selbstkritische Blick auf die Performance der Führungsteams fehlt oft. Nahezu jede Führungskraft wird es schon erlebt haben: Die Schwächen im Team können von fast allen  Teammitgliedern im vertraulichen Gespräch benannt werden; allein, es fehlt am offenen Umgang damit und an den notwendigen Konsequenzen für die Teamzusammensetzung. Notwendige, manchmal auch harte Führung wird nicht wahrgenommen.

Startups brauchen nach der Gründungsphase oft die nächsten Finanzierungsrunden. Diese werden nur gelingen, wenn Investoren nicht nur von den Marktchancen des Startups überzeugt sind, sondern sich auch einer performanten Organisation mit cleveren Prozessen und etabliertem Einhalten der eingangs genannten Grundsätze gewiss sind.

Selbst dann stehen Startups oft noch Finanzierungshürden gegenüber. Pre-Seed-Finanzierung ist nicht so schwer zu bekommen, es gibt genügend investitionsbereite Angel-Investoren. In Deutschland und Europa sollten uns darauf konzentrieren, die Finanzierungsprobleme beim Übergang von der Markteintritts- zur Wachstumsphase zu lösen: die dafür erforderliche Finanzierung ist oft sehr schwer zu erreichen. Natürlich sollte es viel mehr Initiativen geben -  auch politische - um die Mittelbeschaffung für diese Zwischenstufe zu erleichtern. Dennoch: Vertrauen ist der Beginn von allem, und ohne Einhalten der eingangs genannten Grundsätze ist es selbst bei einem Startup mit exzellentem Potential extrem schwer, mit der nötigen Geschwindigkeit die Finanzpartner für die Skalierung zu finden.